Lernbegleitung ist längst kein reines schulisches Konzept mehr und hat wenig mit Reformpädagogik oder Chichi zu tun.
Lernbegleitung ist die moderne Form von Seminaren, bei der Lernende in ihrem Lernprozess unterstützt und begleitet werden.
Was es genau damit auf sich hat, zeige ich dir in diesem Artikel auf.
New Learning - ein Versuch der Einordnung
Seit vielen Jahren ist der Begriff New Work nun in der Organisationsentwicklung verankert, und spätestens seit Corona auch in vielen Personalabteilungen Diskussionsbestandteil. In dem Zusammenhang wird nun unter Personalentwicklern und Pädagogen oft von New Learning - also einer neuen Einstellung zum Lernen gesprochen.
New Learning steht für moderne Lerntheorien wie "Training from the back of the room" (Sharon L. Bowman) oder "gehirngerechtes Lernen" (nach Vera F. Birkenbihl) und ist geprägt durch Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Wer Lust hat, dazu mehr zu lesen, schaut gern beim Netzlehrer Bob Blume oder beim Autorenteam von 'New Work braucht New Learning' Anja Schmitz und Jan Foelsing nach.
Gerade, wenn wir uns also der Eigenverantwortung im Lernen nähern, kommen wir zu dem Gedanken, dass es herkömmliche Trainings mit wissensbringenden Trainer:innen nicht mehr braucht. Schon gar nicht diese langweiligen PowerPoint- Schlachten. Das Konsumieren von Wissen in einem mehrtägigen Training gehört demnach mehr und mehr zu Minderheit an und wird in den kommenden Jahren ganz aus der Personalentwicklung verschwinden. Gefragt sind Konzepte, die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung fördern und die Lernerfahrungen der Teilnehmenden in den Mittelpunkt stellen.
Wissen ist längst überall verfügbar
Noch vor einigen Jahrzehnten, als Bildung den Lesenden und Studierenden vorbehalten war, brauchte es Einzelne, die bereitwilligen Lerngruppen ihr Wissen referierten. So ergaben sich Tagestrainings und Seminare, zu denen Teilnehmende strömten, um sich mit neuem Wissen zu versorgen.
Doch inzwischen haben alle freien Zugang zu Bildung, zu Bibliotheken und Buchhandlungen, dem Internet mit seinen vielen Blogs und frei zugänglichen Zeitungsartikeln, sowie Video- und Audioplattformen, die vom Unboxing- Video bis hin zum Expert:innen- Interview alles bereitstellen, was notwendig ist.
Mit einer kleinen Portion intrinsischer Motivation kann nun Jede:r auf Wissen zugreifen und für sich gebrauchen.
Es benötigt daher keine Vortragsredner:innen oder Trainer:innen mehr, die eine Alleinherrschaft über ein bestimmtes Wissen haben.
Aber was braucht es dann?
Gelernt ist es erst, wenn du es auch anwenden kannst.
Moderne Lerntheorien beweisen, Lernen hat mit Erfahrungen und Verhaltensänderungen zu tun. Reines Wissen ohne die Fähigkeit zur Anwendung ist noch nicht gelernt. An einem Beispiel möchte ich dir das näher erklären.
Seit einigen Jahren schon beschäftige ich mit einem Money Mindset. Ich weiß, dass ich eine finanzielle Unabhängigkeit anstrebe, ich kenne die Stellschrauben zum Sparen, ich habe mich mit Geldanlagen und dem Unterschied von Konsum und Investment beschäftigt. Ich habe also Wissen gesammelt und bin kognitiv einigermaßen gebildet.
Dennoch habe ich Schulden und kein Vermögen in Sparkapital investiert. Warum nicht? Weil ich das Wissen nicht anwenden kann. Ich weiß nicht (und ich traue mich nicht), wie ich nun die ersten Schritte machen soll.
Meine Finanzbildung ist also (noch) nicht gelernt.
Lernbegleitung - ein individuelles Konzept, um Andere beim Lernen zu begleiten
Was mir fehlt, ist eine Unterstützung und Begleitung, eine Art Coaching, um mich in kleinen Schritte dabei zu unterstützen, das Wissen auch anzuwenden. Dies nenne ich Lernbegleitung.
Lernende werden also beim Lernprozess begleitet, unterstützt, gefördert und gefordert.
Ein:e Lernbegleiter:in nutzt moderne Formate und Methoden, sowie interaktive Tools und Kenntnisse über Gruppendynamik, um Menschen und Teams in ihrem individuellen Lernerfolg zu befähigen. Sie befähigen zum selbständigen und eigenverantwortlichen Lernen.
Gute Konzepte, die eine schrittweise Erfahrung und Übung ermöglichen, die Interaktion fördern und die Motivation hoch halten, sind dabei genauso wichtig wie die Kompetenzen der Lernbegleiter:innen, die vor allem im sozialen Umfeld angesiedelt sind.
Es braucht also keine neuen Schulungen, Seminare oder Schulfächer mehr, sondern andere Lernkonzepte.
Um die Kernkompetenzen der Zukunft - Kommunikation, Kollaboration, kritisches Denken und Kreativität - zu entwickeln, begleiten erfahrene und gut ausgebildete Pädagogen die Lernprozesse.
Lernbegleitung auf Augenhöhe mit den Lernenden und ihren Erfahrungen ist der Schlüssel einer modernen Personalentwicklung.
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