Lasst endlich den Quatsch mit den jährlichen Mitarbeitergesprächen! 

Immer wieder spreche ich mit Kunden, die ganz wild darauf sind, einen jährlichen Prozess für Mitarbeitergespräche einzuführen. Man müsse hier endlich mal dafür sorgen, dass alle Mitarbeiter mit ihren Führungskräften sprechen. Man wolle Feedback der Mitarbeiter. Ehrlich? Das sind Ihre Beweggründe? 

 

Ich bin immer ganz traurig, wenn ich höre, dass sich scheinbar keiner dafür interessiert, wie es den Mitarbeitern geht und alle nur zum Abarbeiten angestellt werden. Aber muss ich dafür einen riesen Prozess initiieren? Muss ich dafür Bögen entwickeln, den alle Führungskräfte dann einmal im Jahr ausfüllen müssen? Damit diese Bögen dann bis zum Sanktnimmerleinstag in der Personalakte verschwinden? Ich denke, nein. 

 

Der aktuelle Fall der Deutschen Post zeigt zudem mal wieder, wie ernst solche Befragungen teilweise genommen werden und welches Schindluder manche damit betreiben. Das führt natürlich auch nicht dazu, dass die Mitarbeiter eine offene Haltung zu diesen Befragungen haben. Das ist auch ein Grund, diese Riesen Befragungsrunden abzuschaffen. Mitarbeiter glauben nicht daran. Sie glauben weder an die Kraft der Fragen, noch daran, dass sich jemals etwas ändern wird für sie, oder dass die Antworten jemals einer liest. 

 

Dazu kommt die - nicht ganz unberechtigte - Angst, die Anonymität dieser Befragungen wird von Seiten der Geschäftsführung nicht so ernst genommen. 

 

Alle hassen ihn, den Prozess.

 

Ich kenne Firmen, die diesen Prozess haben, und deren Mitarbeiter- ok, vor allem Führungskräfte- ihn hassen. Warum? Weil es ein Riesen Aufwand ist, die Gespräche zu terminieren, die Bögen auszufüllen oder die Systeme dafür zu bedienen. Da kann so ein Prozess schon mal von Anfang September bis Ende März dauern.  Schrecklich.  

 

Und was ist das Ergebnis dieser ewigen Prozesse und Systeme? Ein 1- Stunden - Gespräch mit einem Mitarbeiter und seiner Führungskraft, in dem beide sich einmal im Jahr Zeit nehmen, (Ich habe auch schon erlebt, dass ein Mitarbeiter seinen Bogen allein ausgefüllt hat und der Chef ihn nur unterzeichnet hat - ohne Gespräch) um über Leistungsfähigkeit oder erfüllte Ziele zu sprechen. Obligatorisch wird am Ende noch angekreuzt, welche Weiterbildung man dieses Jahr besuchen möchte.

Dann landen diese schrecklichen Bögen in der Versenkung der Personalakte und nächstes Jahr könnte man sie eigentlich direkt kopieren. Huch, keines der Ziele konnte erreicht werden? Ach, die Strategie der Geschäftsführung hatte sich geändert, man hatte ja einen Richtungswechsel befohlen. Ja so ähnlich laufen die Gespräche doch dann ab.
Was man aber eigentlich erreichen wollte (ehrliche, offene Gespräche, Feedback und Meinungen), geht in dem großen Prozess- Gehabe unter.
Wertschätzendes Feedback, Beteiligung der Mitarbeiter, eine offene Kultur mit Fehlertoleranzen und kreative, neue Ideen fehlen aber oft in diesem Monstrum. Wollen unsere Mitarbeiter nicht aber viel mehr sinnvolle Arbeit leisten, einen Beitrag zum Geschäftserfolg beitragen, gehört werden? Wie erreichen Sie dies nun? Wie erhalten Sie wertvolles Feedback?
Ändern Sie den Prozess.
Schaffen Sie den jährlichen Prozess ab, zeigen Sie Ihren Führungskräften, wie Feedback funktioniert und entwicklen Sie eine offene Feedback- Kultur mit regelmäßigem Austausch, informellen Gesprächen und Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter. Sie müssen Performance nicht kontrollieren. Sie müssen sie ermöglichen. Und diskutieren. Gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern. 

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